Geschichte der Bildungsgerechtigkeit
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In der gegenwärtigen Bildungspolitik dominiert die Auffassung, die Gerechtigkeit des Bildungssystems könne anhand des Indikators der «Equity» geprüft werden. Demnach ist ein Bildungswesen gerechter, je kleiner die herkunftsbedingten Effekte auf Leistungsunterschiede sind. Gerechtigkeit misst sich an einem möglichst tiefen Einfluss der sozioökonomischen Herkunft, des Geschlechts und der Nationalität auf schulische Leistungsunterschiede. Diese Vorstellung von Bildungsgerechtigkeit impliziert eine Bildungspolitik der Chancengerechtigkeit, die auf eine möglichst gerechte Verteilung von Bildung abzielt. Gerecht ist die Verteilung dann, wenn sie meritokratisch organisiert ist.
Dass Bildungsgerechtigkeit inzwischen vorwiegend meritokratisch und somit als Leistungsgerechtigkeit verstanden und vor allem gemessen wird, ist eng mit dem Aufkommen einer empirisch arbeitenden Bildungssoziologie verbunden. Diese misst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts solche Leistungsunterschiede mit immer elaborierteren Verfahren und lässt entsprechende Erkenntnisse in Schulreformprojekte einfliessen.
Das Forschungsprojekt befragt in historischer Perspektive sowohl die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen als auch die politischen und schulischen Wirkungen dessen, dass Bildungsgerechtigkeit vorderhand als Verteilungsgerechtigkeit verstanden wird. Zum einen rekonstruiert das Projet die epistemischen und institutionellen Voraussetzungen einer empirischen Bildungssoziologie, die vor allem Bildungsungleichheiten vermisst. Dabei fragt es, unter welchen institutionellen Voraussetzungen diese Forschung geleistet wurde, woran sie methodische anknüpfte und welche Art von Erkenntnissen sie (re-) produzierte. Zum anderen zielt das Forschungsprojekt darauf ab, Schulreformprojekte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dahingehend zu prüfen, wie Gerechtigkeitsargumente zu deren Legitimation beigezogen und dabei auf Befunde der soziologischen Forschung zu Bildungsungleichheiten zurückgegriffen wurde.
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